100 Jahre Hessische Forstschule in Schotten
Vor 100 Jahren, 1922, wurde die Försterschule in Schotten gegründet, sie bestand nur bis 1982. Drei Forstmänner hatten die Gründung der Försterschule in besonderer Weise beeinflusst:
1. Staatsrat und Landforstmeister Dr. Karl Weber,
2. Oberforstmeister Professor Dr. Gustav Baader und
3. Förster Kolb (damaliger Vorsitzender des Vereins Hessischer Staatsförster).
Um die Wende zum 20. Jahrhundert begann im Deutschen Reichsgebiet die Neuordnung der Ausbildung der Forstbetriebsbeamten, in deren Verlauf verschiedene Forstschulen gegründet wurden. Dieser Entwicklung konnte sich das Großherzogtum Hessen (Darmstadt) nicht verschließen.
Nach dem Ersten Weltkrieg trat Staatsrat und Landforstmeister Dr. Karl Weber (geb.1864, gest. 1929) an die Spitze der Forstverwaltung des Volksstaates Hessen-Darmstadt. Er schuf die entscheidenden Voraussetzungen für die Neuordnung der Ausbildung des Forstbetriebsdienstes.
Dr. Weber war von 1890 bis 1894 als Großherzoglicher Hessischer Forstassesor in Schotten tätig. Ab 1897 leitete er das Forstamt Konradsdorf, bevor er 1919 als Staatsrat nach Darmstadt berufen wurde. Seine Liebe zum Vogelsberg war vorgegeben und hielt bis zu seinem Tode.
Dr. Weber arbeitete konsequent darauf hin, diese Försterschule im waldreichen Vogelsberg in der kleinen Kreisstadt Schotten zu gründen. Die Genehmigung zur Errichtung der Försterschule in Schotten erteilte der Landtag am 4. Oktober 1921.
Der erste Leiter der Försterschule, gleichzeitig Leiter des Forstamtes Schotten, war Oberforstmeister Prof. Dr. Gustav Baader (geb. 1878, gest. 1956). Bereits 1920 führte er Verhandlungen über die Gründung einer Försterschule in Schotten. Es ging um die Dauer der Schulausbildung, die Unterbringung der Schule, die benötigten Lehrkräfte und den finanziellen Aufwand. Baader holte entsprechende Auskünfte bei bereits bestehenden Einrichtungen ein. Er schlug eine zweijährige Ausbildung vor, die aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg verwirklicht wurde.
Eine kleine Landstadt mit einfachen und gesunden Verhältnissen schien den Verantwortlichen die richtige Umgebung für künftige Förster zu sein.
Das Forstamt brachte noch weitere günstige Voraussetzungen mit: Ein vielseitiges Lehrrevier mit wechselnder Bestockung, der Übergang vom reinen Buchenwald in 280 Metern Höhe bis zum reinen Nadelwald in 700 Metern boten zahlreiche Abwechslungen.
Zur Unterbringung der Schule gab es unterschiedliche Vorstellungen, schließlich beschloss der Landtag einen Schulneubau. Bis zur Fertigstellung behalf man sich in mehreren Gaststätten und der „Landwirtschaftlichen Winterschule“. Am 14. September 1923 konnte die Schule ein eigenes Haus beziehen.
Die Anfangsjahre der Forstschule waren geprägt durch Prof. Dr. Baader. In kurzer Zeit gelang es ihm, der Forstschule einen über die Landesgrenzen hinaus ausgezeichneten Ruf zu verschaffen, was sich auch an der Zahl „ausländischer“ Schüler erkennen lässt. Die Forstschule war nicht als Internat eingerichtet. Sie beherbergte zwei Klassenräume, Bücherei, Lehrmittelräume, Lehrerzimmer, zwei Lehrerwohnungen und eine Hausmeisterwohnung.
Die erste Aufbauphase war 1929 abgeschlossen, als Dr. Baader einem Ruf an die Forstliche Fakultät nach Gießen folgte. Sein Nachfolger in Schotten war zunächst Ofm. Karl Deuster, ihm folgte Forstmeister Robert Grünewald. Der Unterrichtsbetrieb wurde mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges jäh unterbrochen.
1935 entstand nach den Plänen von Dr. Karl Weber ein Ehrenmal auf der Warte (Alteburgskopf, an der Straße von Schotten nach Gedern) für die im Weltkrieg gefallenen Förster der Försterschule, mit dem auch später die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges und der Templiner Forstleute (Patenschule in Brandenburg) gewürdigt wurden.
Von 1939 bis 1945 leitete Forstmeister Wilhelm Harke die Ausbildung von Waldarbeitern und ab dem 29. April 1946 bis 1951 die Hessische Landesforstschule. Ab Jahrgang 1953/55 wurde nun die Schulzeit von einem auf zwei Jahre verlängert. Zugleich wurde Oberforstmeister Rudolf Immel (geb. 1914, gest. 2004), ehemals Forstamt Storndorf, zum Direktor der Schule berufen.
Die zweijährige Schulzeit gliederte sich nun in eine dreimonatige Ausbildung an der Hessischen Polizeischule in Wiesbaden und vierwöchentliche Lehrgänge an einem Lehrbetrieb für Waldarbeit und an der Holzfachschule in Bad Wildungen.
Als besonders glücklich erwies sich die Verknüpfung der Direktorenstelle mit der Leitung des Forstamtes, da viel Theorie mit der Praxis verbunden werden konnte. In diese Zeit fallen auch die baulichen Erweiterungen der Forstschule um zusätzliche Lehrräume und eine moderne Mehrzweckhalle.
Nachfolger von Direktor Immel wurde 1964 Oberforstmeister Karl Schüler (geb. 1915, gest. 1984), der mit neuen Sachgebieten die Ausbildung bereicherte. Zu nennen sind hier die moderne Forsttechnik und Belange der Landespflege und Umweltkunde. Am Ende dieser Entwicklung stand 1971 die Verlängerung der Ausbildungszeit auf zweieinhalb Jahre. Damit entfiel die Polizeischulzeit. Zum vielseitigen Unterrichtsangebot zählten auch Exkursionen und Lehrfahrten nach Berlin, in andere Bundesländer und benachbarte europäische Staaten.
Bereits 1969 zeichnete sich eine drastische Änderung der Ausbildung ab. Im Januar 1974 stimmte Hessen der kurzfristigen Errichtung einer Fachhochschule in Göttingen zu, 1978 bestätigte das Hessische Kabinett diese Zusage. Somit gibt es heute in dem waldreichsten Bundesland keine Ausbildungsmöglichkeit für den Forstberuf.
Während der Übergangszeit von 1978 bis 1982 leitete Forstdirektor Leonhardt (geb. 1944, gest. 2007) die Geschicke in Schotten.
Die traditionelle Försterausbildung in Schotten währte genau 60 Jahre, von 1922 bis 1982. In dieser Zeit wurden etwa 2.000 Förster in bewährter Weise praxisorientiert für ihre spätere Verwendung ausgebildet.
Michel Küthe
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